Die Ampel geht Berufsorientierung an!

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und
Kollegen!

Ich finde es bemerkenswert, dass die CDU/CSU-Fraktion jetzt die Berufsorientierung für sich entdeckt; denn genau diese Zielgruppe, die Sie ansprechen, ist eigentlich ziemlich von Ihrer Regierungszeit betroffen. Wir sprechen nicht von Zweieinhalbjährigen. Aber Sie haben recht: Kinder wollen Astronautinnen und Astronauten werden oder beim Bäcker arbeiten. Sie passen gerne auf Geschwister auf, vor allem, wenn es nicht die eigenen sind. Sie träumen vom Baggerfahren und vom Fliegen. Wir als Ampel haben uns gefragt: Warum lassen wir sie denn nicht einfach? In der Schule tauschen sie die Spieleküche und den Kaufmannsladen gegen Grammatikhefte. Sie sollen deklinieren und konjugieren und „He, she, it, das s muss mit“ lernen. Aber sie lernen nie, was ein Berufskolleg oder die duale Ausbildung ist. Sie lernen, dass Caesar sein Standardwerk mit „Gallia est omnis divisa in partes tres“ einleitet, aber nicht, dass sie auch als museumspädagogische Fachkraft arbeiten könnten.

An der Uni wird es nicht besser. Im Studium habe ich
in Vorbereitung auf die Arbeit an einer Brennpunktgesamtschule Mittelhochdeutsch gelernt; das hilft wahnsinnig viel. Aber heute lohnt es sich endlich mal; denn der Begriff „Beruf“ kommt aus dem Mittelhochdeutschen. „Beruf“ kommt von „Berufung“, ein Wort für etwas Höheres: Selbstwirksamkeit, Zukunftswünsche werden damit verbunden. Weil es bei der Berufswahl eben nicht nur um den Fachkräftemangel geht, sondern auch um persönliche Entfaltung, um Berufung, deswegen stärken wir als Ampel gezielt die Berufsorientierung, und zwar von Anfang an zum Beispiel mit dem Startchancen-Programm.

Bei dem Programm ist die Berufsorientierung nämlich zentral. Seit vorgestern kennen wir die ersten 2 000 Schulen, die Teil des Programms sein werden. Das ist ein Meilenstein für die Bildungsgerechtigkeit. Mit dem Startchancen-Programm verbessern wir Berufsorientierung ganz konkret. Kurzzeitpraktika werden erleichtert, Job Shadowing und Bewerbungstrainings können angeboten werden, Netzwerke mit den wichtigen Jugendberufsagenturen und lokalen Betrieben werden gefördert. Das hilft, Jugendlichen früh Orientierung zu geben und sie zu empowern, und zwar dort, wo es den Familien auch mal an Ressourcen fehlt, um sich im Dschungel der Angebote überhaupt erst zurechtzufinden, wo Papa nicht mit einem Anruf beim Studienfreund ein Praktikum in einer Anwaltskanzlei für den Filius klarmacht Mit dem Startchancen-Programm erhalten Schulen die Möglichkeit, besonders Arbeiterkindern zu zeigen, welche Möglichkeiten dieses Land für sie bereithält. Lehrkräfte und multiprofessionelle Teams können gezielt Potenziale fördern, die gerade in den Talenten schlummern, die keinen finanziellen Hintergrund haben, um groß zu denken.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mit dem Programm wollen wir den Traum von der Karriere bei der Feuerwehr
oder im Justizministerium oder im eigenen Friseursalon genauso ermöglichen wie den Wunsch, Lehrerin zu werden, auch wenn man die erste Person mit Abitur in der Familie ist und wenn man eben nicht Müller oder Meyer mit Nachnamen heißt.


Herzlichen Dank.