Chancengerechtigkeit und echte Bildungsteilhabe von klein auf! 21. März 202422. März 2024 „Chancengerechtigkeit und echte Bildungsteilhabe von klein auf!“ von YouTube anzeigen Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube. Inhalt von YouTube immer anzeigen Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß nicht, wann Sie das letzte Mal mit jungen Menschen zwischen 15 und 16 Jahren gearbeitet haben oder sich PISA-Aufgaben angeschaut haben. Ich nehme Sie mal mit auf die Reise in eine achte Klasse voller Zahnspangen, Jogginghosen und dem unwiderstehlichen Duft nach Trockennudeln. Meine Tipps zum Überleben in der siebten und achten Klasse sind: eine extrem guteVorbereitung durch die Lehrkraft, eine klare Einschätzung zum Leistungsstand der einzelnen Schüler/-innen und leicht verständliche Aufgabenformate auf mindestens drei verschiedenen Niveaus. Haben Sie nun einen Zugang zu dieser Lerngruppe, stellt PISA Klasse und Lehrkräfte vor zusätzliche Herausforderungen. Sie sollen prozessbezogene Kompetenzen im wissenschaftlichen Kontext unter Beweis stellen, indem sie per Drag and Drop die unterschiedliche Entfernung zwischen acht Planeten aus den AEs – Astronomischen Einheiten – heraus maßstabsgetreu interpretieren und bewerten. Hochbegabte bearbeiten die Aufgabe nicht, weil nach der Planetenfolge offenkundig vier Planeten fehlen. Im Rahmen des von der KMK vorgesehenen sprachsensiblen Unterrichtens hören diejenigen auf, für die der Text zu wenig sprachlich entlastet ist. Und neu zugewanderte Schüler/-innen brauchen im Prinzip gar nicht erst anzufangen, weil die Planeten in den Deutsch-Erstlernbüchern gar nicht erst auftauchen. Das bedeutet, dass die Schlüsse, die Deutschland aus PISA gezogen hat, etwas sind, an das sich die Studie selbst nicht hält. Deswegen sind die Ergebnisse der PISA-Studie keine, aber auch gar keine Überraschung. Und doch müssen wir die PISA-Ergebnisse ernst nehmen; denn die Untersuchungen belegen zum wiederholten Mal, dass der Bildungserfolg hierzulande viel zu sehr – und deutlich stärker als in anderen Industrienationen – mit dem sozioökonomischen Hintergrund des Elternhauses zusammenhängt. Genau darauf sind die Programme, die die Ampel auf den Weg bringt, ausgerichtet.Wir wollen endlich Chancengerechtigkeit und echte Bildungsteilhabe unabhängig davon, wo ein Kind aufwächst. Mit dem Startchancen-Programm bringen wir das größte Bund-Länder-Programm für mehr Bildungsgerechtigkeit an den Start, das es jemals gegeben hat: 20 Milliarden Euro, 4 000 Schulen, auf zehn Jahre angelegt. Wir gehen dabei endlich weg vom dysfunktionalen Königsteiner Schlüssel und lenken die Mittel gezielt dorthin, wo Bedarf ist. Und wir fördern die Arbeit in multiprofessionellen Teams.So richtig das Startchancen-Programm gerade jetzt ist, so sehr ist uns auch klar, dass dieses Programm allein nicht den Bildungsnotstand beheben wird. Wir brauchen darüber hinaus eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Kommunen, eine gesamtstaatliche Bildungsstrategie. Diese Kraftanstrengung wird etwas kosten. Aber welche Investition hat eine höhere Rendite als gezielte Investition in die Bildung? Hier dürfen wir nicht weiter sparen.Deswegen müssen wir ran an eine Reform der Schuldenbremse und ran an den Abbau klimaschädlicher Subventionen. Zum Antrag der CDU/CSU. Frau Ludwig, die geforderten Diagnosetools gehen an der Realität vorbei. Wir brauchen nicht noch mehr Diagnostik, sondern Förderangebote. Da setzen die Mental Health Coaches, Sprach-Kitas und das Startchancen-Programm an. Wir als Ampel treiben den Ausbau der Ganztagsplätze voran und setzen den Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung in der Grundschule um.Wir drehen an allen Stellschrauben für mehr Fachkräfte. Besonders zentral sind hierbei die Fachkräftestrategie und das Chancen-Aufenthaltsgesetz. Sie sagen in Ihrem Antrag, dass Kinder vor der Einschulung bereits über die ausreichenden sprachlichen Kompetenzen verfügen müssen. Bitte lesen Sie sich ein in das Thema „frühkindlicher Spracherwerb“!Jedes Kind ist anders und lernt anders, und das ist auch gut so. Sie fordern ein vorschulisches Programm, das es in den Kitas längst gibt. Was die Kitas benötigen, sind die Zeit und die Fachkräfte, um diese Angebote, die in der Schublade liegen, wirklich durchführen zu können. Es sind auch die vielen hervorragenden Grundschullehrerinnen und -lehrer, die in einem enormen Kraftakt den Grundstein für das erste Lesen und Schreiben legen, für die Lernmotivation insgesamt.Deswegen ist es so richtig, dass das Startchancen-Programm einen klaren Fokus auf die Grundschulen legt. Außerdem muss jetzt der Digitalpakt 2.0 kommen, damit „Drag and Drop“ kein Fremdwort für viele Schülerinnen und Schüler bleibt und echte, individuelle Förderung möglich ist. Wir erwarten deswegen, dass die Ministerien den Anschlusspakt im Haushaltsaufstellungsverfahren berücksichtigen. Um die Potenziale unserer Kinder zu fördern, müssen wir die Finanzierungsstruktur des Bildungssystems vom Kopf auf die Füße stellen. Wir laden Sie als Opposition ein, uns dabei und bei den Verhandlungen zum Digitalpakt 2.0 in den Ländern zu unterstützen. Das sind wir den Lehrerinnen und Lehrern und den Suchenden der siebten und achten Klasse, in denen Potenziale schlummern, von denen auch der Wirtschaftsstandort Deutschland nur träumen kann, schuldig.